Für Kredite soll die Nachfrage zum Jahresende wieder steigen. Laut einer aktuellen Umfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) rechnen die Geldhäuser in der Eurozone wieder mit einem Anstieg des Liquiditätsbedarfs, besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen. Im Sommer ist die Zahl der Kreditanträge zunächst gesunken und fiel deutlich geringer aus als zu Beginn der Corona-Pandemie. Dies betraf insbesondere Firmenkredite. Für die nächsten Wochen wird nun eine Veränderung erwartet.
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Umfrage unter 143 Banken
Viermal im Jahr befragt die EZB 143 Banken im Europäischen Währungsraum zu ihrer Kreditvergabe-Praxis. Neben dem Nachfrageaufkommen für Kredite und dem Verhalten verschiedener Kundengruppen wird auch die Vergabepolitik der Banken abgefragt. Aus den Antworten lassen sich wichtige Rückschlüsse und Prognosen für die europäische Geldpolitik ziehen.
Kreditflaute im dritten Quartal
Die Kreditnachfrage stieg zwar auch im dritten Quartal weiter an. Sie blieb nach Auskunft der befragten Banken jedoch deutlich hinter der erhöhten Nachfrage der ersten beiden Quartale zurück. Ursache der nach wie vor steigenden Anzahl von Kreditanträgen sind weiterhin hohe Liquiditätsbedarfe der Unternehmen für Lagerhaltung und Betriebsmittel. Auch für Umfinanzierung, Umschuldung und Neuverhandlung von bereits bestehenden Krediten ist der Mittelbedarf gestiegen. Allerdings ließ die Belebung der Nachfrage im dritten Quartal nach, weil die Corona-Hilfsprogramme, die vielfach durch Banken-Kredite begleitet wurden, nach und nach ausliefen.
Anstieg im vierten Quartal
Ab Oktober soll nun wieder eine gesteigerte Nachfrage bei Firmenkrediten eintreten. Laut EZB wird damit insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen gerechnet. Aber auch Konsumenten- und sonstige Kredite sollen nach den Erwartungen der Banken wieder vermehrt beantragt werden. Mit keiner Veränderung rechnen die befragten Institute hingegen bei den Wohnungsbaukrediten.
Weiterhin verschärfte Vergabepraxis
Bereits im dritten Jahresviertel haben die Banken die Vergabestandards für Firmenkredite deutlich verschärft. Bis zum Jahresende wollen die Kreditinstitute die Hürden für eine Kreditgewährung noch weiter anheben. Grund dafür sind Zweifel, ob die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise tatsächlich bereits im nächsten Jahr eintreten wird. Spezifische Branchen gelten nach wie vor als anfällig. Zudem vermissen die Kapitalmärkte Klarheit darüber, ob die begonnenen politischen Maßnahmen zum Anschieben der Konjunktur längerfristig Bestand haben werden. Für Konsumenten- und sonstige Kredite wird ein weiteres Anheben der Vergabebedingungen allerdings nicht erwartet. In der Summe agieren die Banken nach wie vor äußerst vorsichtig. Die gestiegenen kreditnehmerseitigen Risiken in der gegenwärtigen Lage der Weltwirtschaft geben dazu auch allen Anlass.
Die Umfrage der EZB fand im Zeitraum vom 21. September bis zum 6. Oktober 2020 statt, also noch vor der aktuellen weiteren Pandemie-Welle in vielen europäischen Ländern.